"Petroleumlampen, Mineralöllampen, im Gegensatz zu Öllampen (s.d.) diejenigen Lampen, die für die verschiedenen flüchtigen Mineralöle, besonders für Petroleum, konstruiert sind. Bei den P. bedarf es keiner Vorrichtung, die den Brennstoff auf der Höhe der Flamme erhält; die bloße Saugwirkung des Dochtes genügt für diesen Zweck. Die einzelnen Konstruktionen der P. sind auf möglichste Entwicklung der Leuchtkraft durch besondere Gestaltung des Brenners, auf Herabminderung der Explosionsgefahr und der strahlenden Wärme gerichtetet. Die Flamme der P. fordert zur intensiven Lichtentwicklung  einen besonders starken Luftzug; die der Flamme zuzuführende Luft wird in der Regel zur Kühlung des Brenners benutzt. Der Ölbehälter muß hier stets soweit unter dem Brenner liegen, daß eine starke Erhitzung des Öls vermieden wird. Bei P. mit Flachbrenner ist der Brenner mit einer halbkugelförmigen Kappe bedeckt, die in der Mitte mit einer Öffnung von etwas größerer Weite als die Mündung des Dochtrohres versehen ist; unter dieser Kappe mischen sich die Petroleumdämpfe mit Luft, wodurch die Verbrennung befördert und ein Rußen der Flamme verhindert wird. Die Rundbrenner sind Argandbrenner. Für Flachbrenner kommen bauchige Cylinder zur Verwendung, für Rundbrenner solche mit starker Einschnürung; zuweilen wird auch auf einem in der Achsenrichtung des Hohldochtes sich erhebenden Stiel ein horizontales Metallscheibchen (Brandscheibe) angebracht, an dessen unterer Fläche der innere Luftzug sich bricht, so daß die Luft von innen nach außen auf die Flamme stößt. Die Regulierung des Dochtes wird durch den Eingriff von Zahnrädern bewirkt. Die beste Lage für den Ölbehälter ist die im Fuß der P., weil hierdurch die letztere mehr Stabilität erhält und der Behälter keinen Schatten wirft; auch kann die Lampe dann eine gefälligere Form erhalten. Zimmerlampen werden zur Milderung des Lichts mit Kugeln, Glocken oder Kuppeln aus Milchglas oder mattgeschliffenem Glas versehen.

Von neueren Konstruktionen der P. seien folgende erwähnt. Bei dem Brilliantdoppelbrenner von Schuster & Baer in Berlin werden zwei gleichbreite Flachdochte zu einem Cylinder zusammengebogen, und das Brandrohr erhält dem entsprechend zwei einander gegenüberliegende Öffnungen, durch die sich die beiden Dochte oben zu einem Kreis vereinigen. Durch diese Einrichtung ist der bei großen Rundbrennern auftretende Übelstand beseitigt, daß die Lichtstärke nicht in gleichem Verhältnis mit der Größe des Brenners zunimmt. Bei dem Reform-Kosmos-Rundbrenner von Schuster & Baer findet durch den am unteren Teil des Brenners befindlichen durchbrochenen Kasten sowie durch das im Boden des letztern oder im Centrum der Dochthülse befestigte Rohr und die in der Mitte des Brenners angebrachte durchlochte Brandscheibe eine vollkommen isolierte innere Luftzuführung statt. Der Luftzutritt zu  den Außenseiten der Flamme erfolgt hier erst, nachdem die Luft auf ihrem Wege vorgewärmt ist, wodurch die Intensität der Verbrennung wesentlich erhöht wird. Die von derselben Firma konstruierte, mit diesem Brenner versehene hygienische Normallampe vermindert die lästige und schädliche Wärmeausstrahlung. Zu diesem Zweck ist die Petroleumlampe mit einem zweiten Cylinder von größerer Weite ausgestattet. In dem Zwischenraum sammelt sich die von der Flamme erhitzte Luft, worauf sie durch den von unten nach oben gehenden Luftzug gegen die Zimmerdecke geführt wird, während von unten beständig frische Luft nachströmt. Der Mitrailleusenbrenner,  bei dem der Leuchstoff durch ein System von 10 bis 12 runden Volldochten angesaugt wird und die angemessene Verteilung der Luft gleichfalls durch die durchlochte Brandscheibe erfolgt, eignet sich vorzüglich für schwere Petroleumsorten, doch ist der Brennstoffverbrauch ein größerer als bei den gewöhnlichen Brennern. Die Phloxlampe, eine von der Gesellschaft "Phlox" in Berlin hergestellte Rundbrennerlampe, entwickelt vermöge vierfacher Luftzufuhr ein intensives, blendend weißes Licht. Ihr Cylinder besteht aus zwei Teilen: einem die Flamme umgebenden, weitern, ausgebauchten Zugglas und einem in dieses eingehängten, unten trompetenförmig erweiterten Cylinder, der die Verbrennungsgase abführt. Die hohle, siebartig durchlöcherte Brandscheibe führt der Flamme von unten her, durch das Bassin hindurch, Luft zu; zweitens findet Luftzufuhr statt durch das Dochtgehäuse, drittens durch die untere Fläche der Zugglasgalerie und viertens durch die Aufsatzkappe des Zugglases. Außer der hohen Leuchtkraft (eine kleine Tischlampe entwickelt 85-90 Kerzen) besitzt die Phloxlampe den Vorzug, daß man sie nach Belieben klein schrauben kann (bis zu 20 Kerzen), ohne daß sie das weiße Licht verliert oder Geruch entwickelt, wie gewöhnliche P.

Die P. mit Flachbrenner sind namentlich durch die Anwendung mehrerer Flachdochte verbessert worden (Duplex-, Triplexbrenner), die entweder nur eine oder, wie der Kronenbrenner, mehrere Flammen geben. Letzterer besitzt sechs Flachdochte und unter der gewöhnlichen noch eine zweite Kappe, wodurch eine vollständigere Verbrennung und somit größere Leuchtkraft erzielt wird. Bei der Kaiserlampe befindet sich ein Flachbrenner ohne Cylinder in einer Glocke, die unten in einem stumpfen Kegel verläuft, dessen abwärts gerichtete Öffnung der Weite des Brenners entspricht und wie ein Glascylinder auf diesen gestellt werden kann. Durch die zahlreichen Löcher im Boden des Brenners findet ein verstärkter Luftzug statt, während die Flamme gegen seitlichen Luftzug geschützt ist.

Zwei neue Konstruktionen von P. gehen von der Berliner Lampen- und Bronzewarenfabrik vormals C.H.Stobwasser & Co. aus; die als Arbeits- und Studierlampe ausgeführte Sicherheitsschiebelampe ist zum Hoch- und Tiefstellen eingerichtet, entwickelt ein Minimum von strahlender Wärme, ist explosionssicher und verlischt beim Umfallen; die neue Luftzuglampe dieser Firma kann man anzünden, ohne Glocke und Cylinder abzunehmen, und kann sie von unten auslöschen.

Für Fabrikbeleuchtung haben Friemann & Wolf in Zwickau eine Lampe ohne Glocke und Cylinder mit künstlicher Luftzuführung konstruiert.

Ähnlich den Regenerativlampen der Gasbeleuchtung (s.d.) hat man auch Petroleumregenerativlampen (Petroleumglanzlicht, System Schülke, Berlin) eingeführt, in denen das Petroleum in gasförmigem Zustande ohne Docht und Cylinder mit hoher Leuchtkraft verbrennt, und die sich für große Einzelflammen (bis 150 Kerzen) eignen.

Noch größere Einzelflammen (bis 14.000 Kerzen) lassen sich mit den 1886 von Hannay erfundenen Lucigenlampen erzielen, die für Beleuchtung freier Plätze, bei nächtlichen Arbeiten, angewendet werden. Der flüssige Leuchtstoff, zu welchem sich auch hier die schwersten Öle eignen, wird bei den Lucigenlampen durch eine Düse zerstäubt und bildet eine meterlange, frei brennende, nicht rußende Flamme. Die Climaxlampe, das Dürrlicht, die Dotylampe, WellsLicht, Sunlightlampe u.a. sind hierher gehörige Konstruktionen.

Für sehr flüchtige Mineralöle, wie Ligroin, sind besondere Konstruktionen erforderlich. Eine einfache Ligroinlampe besteht aus einem Blechgefäß mit einschraubbarem, gut schließendem Deckel und einem Brandrohr, das von dem massiven Docht vollständig ausgefüllt wird. Das Gefäß enthält ein Stück Badeschwamm, das durch ein Drahtnetz vom Docht getrennt gehalten wird. Beim Gebrauch schraubt man den Deckel ab, gießt Ligroin in die Lampe, bis der Schwamm damit gesättigt ist, und schraubt den Deckel wieder auf, worauf der Docht entzündet werden kann. Die kleine Flamme ist sehr weiß, rußt nicht, verlöscht aber leicht. Für die schwersten Mineralöle eignet sich besonders die Dampfstrahllampe von Hartmann & Lucke, die überall da anzuwenden ist, wo Dampf erzeugt wird. Bei derselben wird ein Dampfstrahl in die Flamme geleitet, der nicht nur den nötigen Sauerstoff zuführt, sondern auch die brennbaren Dämpfe zersetzt, so daß eine energische Verbrennung ohne Rußbildung erzielt wird.

Explosionen kamen früher am häufigsten infolge schlechter Beschaffenheit des Petroleums vor, was jedoch heute durch die strenge Kontrolle des Entflammunspunktes (s.Petroleum) fast ausgeschlossen ist. Zuweilen werden Explosionen durch fehlerhafte Konstruktionen sowie durch einen zu schmalen Docht, der das Brandrohr nicht vollständig ausfüllt, veranlaßt, auch durch schlechte Bedienung der Lampe. Bei Berücksichtigung aller Verhältnisse gewährt jede gute Petroleumlampe hinreichende Sicherheit, doch giebt es auch Konstruktionen, die die Sicherheit erhöhen sollen, z.B. der bei den Schuster & Baerschen Lampen an der Unterseite des Luftkastens angebrachte hydraulische Verschluß. Andere Vorrichtungen erstreben ein gefahrloses Auslöschen der Lampe, oder bewirken selbst das Auslöschen, wenn die Lampe umfällt. Das Petroleumglühlicht (s.Beleuchtung) hat sich noch wenig eingeführt.--Vgl.Gentsch, Die Petroleumlampe (Berl. 1896)."
 
Aus "Brockhaus' Konversations-Lexikon" Dreizehnter Band, Leipzig 1903
 



Anmerkungen:
  • Unter Petroleum wurden seinerzeit folgende Fraktionen zusammengefaßt:
  • Siedepunkt Bezeichnung
    70-80° Petroleumäther
    80-100° Petroleumnaphta
    100-120° Ligroin
    120-150° Putzöl
    150-300° Leuchtöl
    > 300° Schmier- / Paraffinöl
     
  • Das im Text erwähnte "Ligroin" (Siedepunkt 100-120°) entspricht in etwa unserem heutigen Benzin.
  • Die am Ende des Artikels genannten Einschränkungen bezüglich der Sicherheit haben heute bei Verwendung des richtigen Brennstoffs keinerlei Bedeutung mehr.